... von Ton und töpfern
Jeder von uns kennt Ton, viele haben in ihrer Kindheit oder später mal etwas aus dieser weichen, erdige Masse, die man zu Gegenständen aller Art plastisch verformen kann, getöpfert. Dabei klingt „töpfern“ immer etwas bieder und altbacken aber es ist schließlich auch uralt und gebacken. Gebrannter Ton wird als Keramik bezeichnet und ist aufgrund mineralogischer Umwandlungen der Minerale bedeutend belastbarer als getrockneter Ton. Aufgrund dieser tollen Eigenschaft ist dieser Werkstoff einer der ältesten verarbeiteten Rohstoffe und begleitet die Menschheit rund um den Globus seit Jahrtausenden.
Wo töpfern seinen Anfang nahm
Die Ursprünge des Töpferns sind so alt wie die Menschheit und begleiten uns, lange bevor wir sesshafte Bauern wurden. Menschen auf der gesamten Welt haben sich diesen Werkstoff zu nutze gemacht - unabhängig von einander! Man geht nach heutigem Kenntnisstand davon aus, dass das Brennen von Ton ein Zufallsfund war - wahrscheinlich, weil die Feuerstelle zufällig auf getrocknetem Ton errichtet wurde und im Zuge des Feuers die umliegende "Erde" gebrannt wurde. Die ersten gezielten Keramiken wurden mit den Händen geformt und im Lagerfeuer gebrannt. Sie sind eher schlicht gehalten und die Funktionalität steht klar im Fokus. Es wurden Gefäße wie Schalen und Becher zum täglichen Gebrauch gefertigt. Die Kunst und Götzenverehrung fand aber auch schnell beim töpfern Einzug. Die beiden Ältesten tönernen Damen sind die die Venus von Dolní Věstonice (aus Ton gefertigt) und die Venus von Willendorf (aus Kalkstein). Beide Figurinen sind schätzungsweise 30.000 Jahre alt. Die erste Blüte in der Herstellung erlebte Keramik ca. 15.000 Jahre vor Christus in China und Japan. Einige Funde sind sogar noch deutlich älter. Mesopotamien, das Land zwischen Euphrat und Tigris, kann als Wiege der modernderen eurasischen Keramik angesehen werden. Um 4000 v. Chr. wurde in Vorderasien die schnelldrehende Töpferscheibe erfunden und so begann die Massenverarbeitung des Werkstoffes Ton. Ab dem 3. Jahrtausend vor Chr. wurde erstmals in großem Umfang Ton zu Ziegeln gebrannt. Neben Holz und Stein war Lehm zu jeder Zeit einer der bedeutendsten Baustoffe der Menschheit. Denn Lehm besteht aus einem Gemisch von Ton, Schluff und Sand.
Was ist Ton?
Er ist ein weltweit natürlich in der Erdkruste vorkommendes Material, das hauptsächlich aus Tonmineralteilchen besteht. Er ist im Laufe der Zeit aus der Verwitterung von Gestein, speziell von Feldspaten, entstanden. Wind, Wasser und jahreszeitlichen Temperaturdifferenzen an ganzen Gebirgszügen genagt und so auch härtestes Gestein zu Kiese, Sand oder eben Ton erodiert. Er ist keinesfalls ein reiner Werkstoff. Er ist in den meisten Fällen ein Mischprodukt aus Schichtsilikaten wie Illit oder Kaolinit und weiterer Minerale, die nicht zu den plastischen Eigenschaften beitragen, wie z. B. Quarz, Kalzit oder Dolomit. Daneben enthält der Werkstoff typischerweise auch organische, kohlenstoffreiche, Bestandteile. Alle Tonpartikel haben dabei eine Größe von nicht mehr als < 2 µm (= 0.000002 cm). Diese Vielfalt erklärt auch die unterschiedlichen Farben, die Tonerde haben kann. Der für Terrakotta beliebte rostbraune Ton auf einen hohen Eisenanteil hin. Hingegen Chloreinlagerungen eine Grünfärbung des Werkstoffes bewirken. Der beliebte schwarze bzw. braune Ton deutet auf eine Vermischung mit dem Metall Mangan hin. Bei einem ausreichenden Wassergehalt ist er generell plastisch verformbar. Verringert sich der Wasseranteil durch Trocknung und/oder beim Brennen wird er spröde und bricht bei Belastung. Solange der getrocknete Ton nicht gebrannt ist, ist er quellfähig. Sein Volumen nimmt mit steigendem Wassergehalt zu und nimmt mit sinkendem Wassergehalt ab. Er lässt er sich beliebig oft mit Wasser wieder zu der bekannten weichen Masse aufarbeiten.
Wie hängt Ton mit Porzellan zusammen?
Die eisenfreie Porzellanerde (Kaolin) ist der reinste Ton, der in der Natur vorkommt. In der Natur kommen reine Tonablagerungen nur sehr selten vor. Diese weiße Substanz wird - wie ihr Name schon sagt - unter anderem zur Herstellung von Porzellan verwendet. Beim Brennen wird diese Tonsorte sehr hart und glasig. Durch den geringen Anteil an Fremdmineralien und hohen Quarzanteil lässt sich dieser Werkstoff sehr hoch Brennen. Temperaturen von 1500 °C sind für Porzellan üblich und führen zu dem gewollten durchscheinenden Charakter. In Deutschland finden sich in Brandenburg (Tonstichlandschaft um Zehdenick) und bei Mengerskirchen im Westerwald natürlich vorkommende Tonstiche.
In einem weiteren unserer wissenwerten Beiträge gehen wir genauer auf die Unterschiede zwischen Porzellan und Keramik ein.
Schamotte?
Bei Schamotte handelt es sich um schon einmal gebrannten Ton, der der Ton-Rohmasse beigemischt wird. Dieser gebrannte Ton wird zermahlen und nach Größe gesiebt. Durch die Untermischung ist die finale Keramik stabiler, gerade für Aufbaukeramik ist dies ein wichtiger Aspekt. Die erhöhte Stabilität der Keramik lässt größere Objekte zu, da sich das kleinere Schichtsilikat an den verhältnismäßig groben Schamottepartikeln verfängt. Schamottierter Ton ist in diversen Korngrößen, Farben und Mischungsverhältnissen erhältlich. Zum Drehen an der Drehscheibe ist er weniger geeignet - es sei denn, man ist schnell bei der Verarbeitung. Das Drehen von schamottiertem Ton ist im wahrsten Sinne des Wortes eine aufreibende Tätigkeit.
Die Seele, die im Ton wohnt
Auch wenn Ton grundsätzlich als anorganischer Werkstoff anzusehen ist, ist ihm doch ein gewisses Eigenleben zuzuschreiben. Nachdem er gequollen ist, muss er erst aufgearbeitet werden. Man muss sich das Schichtsilikat wie Schuppen oder Federn vorstellen. Damit er seine optimalen Eigenschaften zurück erlangt, müssen diese gleich ausgerichtet werden. Es gibt dafür verschiedene Walktechniken, am ehesten lässt sich dies mit teigkneten vergleichen. Dabei werden die einzelnen Plättchen in eine Richtung gebracht und die Masse homogenisiert. Beim drehen auf der Töpferscheibe passiert das meist automatisch, ist für einen Anfänger jedoch nicht praktikabel. Der aufgearbeitete Ton ist für die Verarbeitung bereit, wenn er keine Luftblasen mehr enthält und er eine gleichmäßig feuchte Masse ist. Luftblasen sind der Tot einer jeden Keramik und ein nicht zu unterschätzendes Qualitätsproblem, denn Luft dehnt sich bei Erhitzung aus. Beim Hochheizen im Ofen kommt es so zu explosionsartigen Druckentladungen und regelrechten Pulverisierungen. So lang es nur die eigene Keramik ist, die kaputt gegangen ist, ist es nur ärgerlich. Wenn durch die umherfliegenden Trümmer andere Keramiken oder gar der Ofen beschädigt wird, ist dies fatal.
Ton und Keramik sind aus der Industrie nicht mehr wegzudenken
Neben den kreativen plastischen Verarbeitungsmöglichkeiten in der dekorativen Keramik wird er noch heute in folgenden Bereichen verwendet: Dach- und Mauerwerkziegel sowie für Fassaden- und Pflasterklinker, Zement, Ionenaustauscher (beispielsweise bei der Säuberung von Trinkwasser und zum Entfärben von Lösungen) und das Abdichten von Kanälen (ungebrannte Rohmasse). Gleichfalls stehen große, natürlich vorkommende Tonstiche im Gespräch als Lagerstätte für (Atom)Müll. Aufgrund seiner dichten Struktur wäre er potenziell dafür geeignet.