Raku-Keramik und Zen Meditation?

Jeder, der sich bereits mit fernöstlichen Traditionen befasst hat, der hat sicher schon mal etwas von Raku-Keramik gehört. Raku ist eine aus Japan stammende spezielle Brenntechnik keramischer Massen welches zur Herstellung der Raku-Keramik verwendet wird. Diese besondere Art von Keramik hat ihren Ursprung gegen Ende des sechzehnten Jahrhunderts und ist bis heute vor allem unter den Meditierenden sehr beliebt. Vor allem in Verbindung mit der Zen-Meditation wird die Keramik in Verbindung gebracht.

Der Ursprung der Raku-Keramik

Bevor wir uns mit der Herstellung von Raku und dem Zusammenhang mit der Zen-Meditation näher befassen, wollen wir zunächst einmal etwas tiefer in die Geschichte eintauchen. Der Ursprung des Raku steht bereits in einem Zusammenhang mit dem Zen-Buddhismus. Auch die Teezeremonie in Japan ist eng mit der Keramik verbunden, denn hierfür werden in Japan einfache und zugleich natürliche Gefäße besonders geschätzt und benutzt. Japaner legen viel Wert auf Gesundheit, Einklang mit der Natur und nachhaltige Materialien. Niemand würde auf die Idee kommen, Sencha aus einem Plastikbecher trinken!

Die Liebe zum Einfachen und damit Natürlichen war und ist so groß, dass selbst eine unebene Beschaffenheit und Unregelmäßigkeiten als besonders wünschenswert erachtet wurden. Man selbst ist nicht perfekt geformt, warum sollte etwas Geschaffenes es dann sein? Teetrinken dient vielen Meditierenden als Einstimmung in die Meditation. Die Teezeremonie an sich ist also auch bereits eine eigene Art und Vorstufe der Meditation.

Die Raku-Kunst hat sich seit dem 16. Jahrhundert in Japan nicht verändert beständig erhalten. Sie wurde erst 300 Jahre später von Bernard Leach entdeckt und nach Europa überliefert. Erst in den 40er Jahren wird Raku in den USA bekannt und in den 60er Jahren hat die japanische Keramik sogar ganz Amerika erobert. Es waren die Amerikaner, die in ihrer eigenen Art und Weise geschafft haben, Raku von der ursprünglichen Teezeremonie und dem Zen-Buddhismus zu lösen. Ferner gaben die dieser Keramik neue, westliche Werte und brachten sie in viele Haushalte. Was immer gleich geblieben ist, ist die Einfachheit der Keramik. Sie ist für viele eine Art Faszination, im permanenten Kontakt mit dem eigenen Produkt zu bleiben.

Buddhistische Meditation
japanischer Teekessel auf Feuerstelle
Keramiken, die auf dem Raku-Ofen trocknen
Raku Keramik - Keramiken werden gelb glühend aus dem Ofen genommen

Die Herstellung von Raku-Keramiken

Raku-Keramiken werden bei 900-1000 Grad Celsius vorgebrannt (geschrüht). Nun werden die Gefäße mit Raku-Glasuren glasiert und im Anschluss getrocknet. An sich kann man jede Steingut-Glasur verwenden, jedoch kommt es auf den WAK an. Denn Raku-Glasuren zeichnen sich durch das Craquelè aus. Üblicher Weise ist bei kommerziell erhältlichen Glasuren das craquelieren unerwünscht. Nach dem Glasieren folgt der Glatt- bzw. Glasurbrand auf Sicht. Das bedeutet, dass die Gefäße während des gesamten Aufheizens und Feuerns beobachtet werden, bis die Glasur glänzend und flüssig genug ist. Es wird also nach Augenmaß gehandelt (mehr oder weniger Befeuerung) und das erfordert ein immenses Maß an Erfahrung. Wenn die Glasur glänzend und flüssig genug ist, werden die Keramik-Gefäße im heißen, glühenden Zustand einzeln mit schweren Eisenzangen aus dem Ofen gehoben und in Sägemehl, Laub oder Papierschnitzel gelegt oder sofort mittels Wasser abgekühlt.

Durch die plötzliche Abkühlung entsteht Craquelénetz, welches durch die Reduktion im schwelenden Sägemehl schwarz wird. Zudem werden auch von der Glasur freigebliebenen Stellen des jeweiligen Gefäßes schwarz.

Durch diesen gesamten Prozess ist jedes Gefäß ein Einzelstück, denn jedes Gefäß hat seine eigene Entstehungsgeschichte und somit seine eigene Note in Form der Gefäßform, der Farbe und der Textur. Selbst jedes einzelne Unikat bietet aus verschieden Blickwinkeln einen jeweils unterschiedlichen Eindruck.

Wabi-Sabi und Ästhetik

Wabi-Sabi, ein japanisches ästhetisches Konzept (der Wahrnehmung von Schönheit), welches eng mit dem Zen-Buddhismus und der Meditation verbunden ist und zur Ersten der buddhistischen „Vier Edlen Wahrheiten“ entsprechen soll.
Wabi-Sabi Sie entstand in Japan als Gegenstück auf die Dekadenz des Adels. Ihre Aufgabe besteht darin, die Schönheit in der Unvollkommenheit zu finden sowie den Zyklus von Wachstum und Zerfall zu vereinen. Die Ästhetik von Wabi-Sabi beinhaltet eine ganze Reihe von Qualitäten.

1.

Bescheidenheit

2.

Einfachheit

3.

Asymmetrie

4.

Authentizität

Die Wortherkunft "Wabi-Sabi" ergibt erst zusammen einen Sinn, denn das Wort Wabi bedeutet so viel wie einsam, elend und verloren fühlen. An sich kein positives Gefühl, aber mit der Einsamkeit kommt die Stille und Ruhe und so wandet es sich in etwas Positives. Das Wort Sabi bedeutet übersetzt so viel wie alt sein, Patina zeigen, über Reife verfügen. Das somit nicht übersetzbare Kunstwort Wabi-Sabi steht also eher für ein Gefühl, ähnlich wie das Wort Waldeinsamkeit, wird aber international verstanden. Dieses besondere Gefühl hat den Maßstab der japanischen Kunstbewertung setzt und lässt sich auch in anderen Disziplinen wiederfinden. Raku und die japanische Keramik ist nur ein Teilgebiet des Wabi-Sabi, weitere Einflüsse der Kunstrichtung lassen sich im Kintsugi (gebrochene Keramiken mit Gold flicken), der japanischen Teezeremonie und Ikebana (Kunst des Blumenarrangierens) finden. Es wäre nicht japanisch, wenn die Natur nicht ihren Anteil hätte und so kommen ihre natürlichen organischen Formen in dieser Kunstform zuwingend zum Einsatz. Wabi-Sabi ist somit das komplette Gegenstück zur westlichen, schnelllebigen Wegwerfkultur und der Massenproduktion, gleichfalls ist es eine tolle Art außerhalb von traditionellen Brennarten mit Glasuren sowie Formen zu arbeiten.

 

Kann jeder mit Raku anfangen?

Es wird empfohlen bei Interesse beim Arbeiten mit dem Werkstoff Ton sich einem Kurs anzuschließen, um sich mit der Materie erst einmal vertraut zu machen. Es ist eben nicht mit bloßem Töpfern aus Schulzeiten zu vergleichen. Raku ist eine Kunst für sich! Allein die Wandstärke ist eine Kunst, denn ist sie zu dünn reißt sie, ist sie zu dick, tut sie es ebenfalls! Wir haben in einem früheren Beitrag die Basics des Raku zusammengestellt. In Form von Workshops haben Interessierte die Möglichkeit, sich rund um das Thema zu informieren und es auszuüben. Wer sich bereits mit dem Brennen der Keramik auskennt, der hat natürlich gewisse Vorteile beim Erlangen von Erkenntnissen.

Raku Brand alte Wanne zum rauchen der Keramiken

Was benötigt man für einen Raku-Brand?

Wer Raku bei sich zu Hause durchführen möchte, der sollte ein paar wichtige Sachen beachten:
Als Erstes und Wichtigstes sind Ruhe und Geduld zu nennen. Niemand möchte jemanden bei einem 1000 °C heißen offenen Ofen nervös umher tänzeln sehen.

Gleichfalls ist es aufgrund der Rauchentwicklung sowie dem starken Rauchgeruch, zwingend notwendig Raku unter freien Himmel durchführen. Generell sollte man Brenntätigkeiten immer im Freien erledigen, um eine Rauchvergiftung vorzubeugen. Zudem sollten vorher eventuelle Nachbarn und Übermieter informiert werden, sodass es nicht zu Streitereien wegen dem auftretenden Rauch kommt. Auch die Waldbrandstufen sind ggf. im Hinterkopf zu behalten.

Natürlich ist auch die eine passende Ausrüstung wichtig, um sich beim Arbeiten und vor dem Brand ausreichend zu schützen. Hierzu gehören vor allem hitzebeständige Handschuhe, Hose sowie Kopfbedeckung und eine wertige und extra geeignete Zange. Die gebrannte Ware kommt bei 1000 °C frisch aus dem Ofen und weist danach noch eine ganze Weile sehr hohe Temperaturen auf. Auskühlen ist somit auch sehr wichtig. Zudem ist eine Atemschutzmaske (mindestens eine FFP2-Maske) empfehlenswert, um sich während des Brandes vor dem auftretenden Rauch und den Gasen bestens zu schützen.

Raku-Geschirr im täglichen Gebrauch?

Obwohl Raku seine Wurzeln in der Teekeramik hat, sollte man vom Gebrauch von Raku Keramiken als tägliches Geschirr absehen. Die gebrannte Keramik ist aufgrund der Brennweise rissig und somit nicht für eine Aufnahme von fett- bzw. eiweisreichen Flüssigkeiten wie Mich oder Fleisch geeignet, da sich in den Craquelé-Rissen Lebensmittelrückstände einlagern können. Es eher eine hygienische als gesundheitliche Frage, ob Raku-Keramiken als Gebrauchskeramik zu verwenden sind, da auch in den Poren von (Frühstücks-)Brettern Lebensmittelrückstände einziehen können. Als Teegeschirr ist Raku bedenkenlos nutzbar, jedoch sollte man auch hier bedenken, dass der japanische Tee ohne Zitrone und Milch genossen wird. Für Deko-Keramik und Gartenkeramik ist Raku bedenkenlos nutzbar und auch gegen Wettereinflüsse unempfindlich, insofern einige Pflegehinweise bedacht werden.

Wie und warum ist Raku für Meditationen ein wichtiges Element?

Bereits die Herstellung, also eine Art Übung in Achtsamkeit für das 'Hier und Jetzt', ist bereits eine Form von meditativem Prozess. Arbeiter werden förmlich dazu gezwungen, während des gesamten Prozesses den Ofen zu beobachten, das Gas je nach Höhe der Flammen einzustellen und zu überprüfen, wie viel Glasur geschmolzen ist. Zudem müssen sie sich darauf konzentrieren, die heiße Keramik vorsichtig mit der Zange herauszunehmen und zu bewegen. Das alles verlangt höchste Achtsamkeit und Konzentration.

Der Begriff Raku bedeutet Gelassenheit, Zufriedenheit und Glück und ist wie eingangs bereits erwähnt sehr eng mit dem Zen-Buddhismus verbunden. Die Keramik symbolisiert Unvollkommenheit und Reinheit. Zudem eignet es sich beim Meditieren hervorragend zum Fixieren eines Gegenstandes. Hinzu kommen der angenehme Geruch und das schöne Gefühl, wenn man die Keramik in den Händen hält. Auch die Beispiele von der Wabi-Sabi Ästhetik passen gut in die Meditationskategorie.

Ob als Trinkgefäß für die Teezeremonie oder als Meditationsobjekt, die Keramik übt auf jeden Nutzer eine Faszination aus, vor allem aber auf diejenigen, die sich mit Dingen wie Qi-Gong, Yoga, Meditation oder Buddhismus beschäftigen. Der Geist kommt durch die Betrachtung der Keramik zur Ruhe. Das Za-Zen, also das Sitzen in der Stille ermöglicht in Kombination mit der Raku-Keramik eine passende und angenehme Einheit. Naturerfahrungen und Wahrnehmungsübungen erzeugen die passende Raku-Stimmung im hier und jetzt.

Auch beim buddhistischen Meditieren ist als wesentliches Element das bewusste Steuern der Aufmerksamkeit ein zentraler Aspekt. Fragen wie „was fühle ich“ und „was nehme ich wahr“ lassen sich mit einer haptisch interessanten Oberfläche in den Händen leichter und vor allem spannender erörtern als perfekt runde Porzellantassen vom Fließband.

Wabe-Sabi Teekanne auf einem Hocker
Räucherstäbchen für die Meditation

Meditierende bereiten sich mittels Raku darauf vor, nicht zu verlangen, nicht zu denken, sondern zu hören und zu fühlen, was diese Art von Keramik sagen und aus dem Befinden machen will. In Schönheit und Schlichtheit, reduziert Raku-Keramik alles auf das Wesentliche und ist dabei gleichzeitig vollendet. Ob Herstellung, Teezeremonie oder Meditation, Raku ein erlebnisreicher Weg voller Kreativität und eine natürliche Kraftquelle voller Freude und Entspannung. Auch Figuren, Teelichthalter, Windlichter, Schalen, Vasen und viele weitere Gegenstände gibt es aus Raku-Keramik. Jeder, der die Schönheit und Anmut des Materials kennt, der weiß um deren Wertigkeit und dass es hierbei mehr als nur um ein einfaches Deko-Objekt handelt. Raku ist Lebensgefühl, Raku ist Wabi-Sabi.