Der lange Weg zur fertigen Raku Keramik

Überall liest man es, aber wie wird es denn nun gemacht, dieses ominöse japanische Raku? Wir das Propangas aufgedreht und bringen das Licht der Flamme ins seidenmatte schwarz der keramischen Oberfläche!

Raku ist eine alte japanische Technik und bedeutet Freude. Genau diese kommt beim Brennen dieser eigenwilligen Unikate auf, denn der Zufall ist der Baumeister. Mehr zur Geschichte der Rakutechnik und den Hintergründen findet natürlich auch bei uns. Im Sommer ist es fast jedes Wochenende soweit - der Raku-Ofen läuft beim Keamik-Kartell.de auf Hochtouren und wir räuchern unsere Keramiken ordentlich schwarz, aber beginnen wir am Anfang!

Der Ton fürs Raku

Für unseren Rakubrand verwenden wir beim Bauen einen anderen Ton als für den Normalbetrieb. Damit der Kontrast beim Schwarz-Weiß auf den schönen Unikaten möglichst hoch ist, ist es sinnvoll, einen stark kaolinhaltigen Ton zu verwenden. Durch die brilliate Weißfärbung des Kaolins ist dieser Ton alles in allem heller als anderer weißer Ton und sorgt somit für einen höhen Kontrast zum Schwarz des Rußes.

Wir stellen sowohl von Hand gedrehte als auch selbst gebaute Keramiken in den Rakubrand. Durch diese tolle Flexibilität haben wir jedoch ein Problem mit dem Schamotteanteil. Wir brauchen einen möglichst hohen Schamotteanteil, um dem Ton den nötigen Halt zu geben. Hier hat sich ein Anteil von 30 % als ausreichend erwiesen und liefert reproduzierbar gute Ergebnisse. Durch die Schamotte überstehen die Keramiken die Temperaturstürze der Rakutechnik leichter unbeschadet. Leider ist Schamotte scharfkantig und ist beim Drehen sehr schmerzhaft in den Handflächen. Was ist die Lösung für dieses Problem? Schnell Arbeiten, klingt banal ist aber das einzige was hilft. Es ist sehr zu empfehlen das Drehen an Drehton zu üben, bis man ein ganz passables Level erreicht hat und erst dann auf den erwähnten Raku Ton umzusteigen. Das Drehen von stark schamottehaltigem Ton ist denn noch eine aufreibende (Wortspiel!) Tätigkeit. Etwas Schutz bietet dabei das Arbeiten mit einem Schwamm und ist eine handschonende Alternative, die man mal ausprobiert haben sollte. Einige Keramiker vom Keramik-Kartell.de berichteten es mal mit (Latex)Handschuhen probiert zu haben. Der Nachteil war jedoch, dass diese sehr schnell reißen und am Ende wohl mehr genervt als genutzt haben.

Raku Keramiken Zusammenstellung klein

Nachdem die Keramiken nun in liebevoller Kleinarbeit gefertigt sind, werden sie final überarbeitet und gehen durch die penible Qualitätskontrolle. An dieser Stelle können Keramiken, die den Raku-Brand gegebenenfalls nicht überstehen würden, noch aussortiert werden. Auch beim Keramik-Kartell.de geht es um das Schonen von Ressourcen und den benutzen, trocknen Ton kann man zu diesem Zeitpunkt der Fertigung einfach wieder aufschlämmen und wiederverwenden. An dieser Stelle werden auch letzte Korrekturen und der finale Schliff vorgenommen bevor es für die Keramiken in den Schrühband geht. Dieser erste Brand findet bei ca. 900 °C statt und macht aus dem Werkstoff Ton die Keramik. Ab jetzt sind sie nicht mehr mit Wasser auflösbar, jedoch auch noch nicht wasserdicht. Hier sei erwähnt, dass auch die glasierten Raku-Keramiken nicht wasserdicht sind. Zum versintern des Tons sind in etwa 1200 °C nötig. Da die Keramiken jedoch bei ca. 1000 °C aus dem rot glühenden Ofen genommen werden, kann das im Ton enthaltene Silikat nicht auskritallisieren und lässt die Poren offen.

Glasieren und muss es eine Raku Glasur sein?

Nun folgt das Glasieren der Keramiken für den Rakubrand. Dafür verwenden wir unseren unverwechselbaren selbst angesetzten Raku-Glasuren. Erfahrungsgemäß sind alle niedrigbrennenden Glasuren auch als Raku-Glasuren geeignet. Jedoch sollte man sich darüber im Klaren sein, dass Raku ein reduzierender Band ist. Das heißt, das Erkalten der Glasur findet unter Sauerstoffabschluss statt! Genau das ist der wichtige Punkt, der aus gelber Glasur orange machen kann. Desweiteren tritt meist ein eher geringes Craqueleè auf. Dies hängt mit der Oberflächenspannung der Glasuren zusammen, denn sie sind ja nicht für Raku gemacht wurden. Manche Gäste, die an unseren Bänden teilnehmen, sind mitunter überrascht davon. Wir hingegen finden das gerade gut, schließlich sind Überraschungen immer nett und verleht den Stücken das gewisse Extra. Die geschrühten Keramiken werden nun, wenn nötig, mit Standpapier entgratet, vor allem am Mundbereich von Gebrauchskeramik wie beispielsweise Tassen.

rohe glasierte Keramiken - Detailaufnahme
glasierte Keramiken Rohzustand
rohe Keramiken frisch glasiert - ungebrannt

Vor dem Glasieren werden die Keramiken mit einem feuchten Schwamm abgewischt um den Staub zu entfernen. Dies ist ein kleiner, aber sehr wichtiger Schritt zur ebenmäßigen Glasur. Der auf der Keramik liegende Staub wirkt wie das Mehl auf dem auszurollenden Teig; das Nudelholz klebt nicht. Genau das möchten wir aber beim Glasieren! Der Staub muss also runter und das geht am besten mit einem feuchten (nicht nassen!) Schwamm. Generell ist das Tauchen/Gießen dem Pinseln oder Sprühen vorzuziehen. Für eine ebenmäßige Farbe wir die Glasur vollständig aufgerührt. Man kann dies mit einem Stäbchen oder einer Drehschlinge machen. Wir haben jedoch festgestellt, dass das Plastik der Eimer darunter leitet und irgendwann einfach durch ist. Um dies zu vermeiden und weil es einfach richtig gut geht verwenden wir zum Aufrühren der Glasuren eine Spülbürste. Die Borsten der Bürste mischen die Glasur hervorragend auf und homogenisieren diese. Nachdem die Raku Keramiken nun glasiert sind müssen diese trocknen. Da wir die Zeit und den Platz haben, werden die Keramiken am Vortag glasiert und können über Nacht in Ruhe trockenen. Alternativ kann man das auch in einem Ofen machen, aber da sind wir wieder beim Ressourcen-Thema.

Der Raku-Brenntag!

Am Brenntag wird der Raku-Ofen aus seiner Kammer geholt. Raku brennt man am besten im Freien (aufgrund der Rußentwicklung) und da man ja nicht mit den 1000 °C heißen Keramiken weit laufen möchte, ist man am besten gleich unter freiem Himmel. Dafür hat unser Ofen Räder und wird, wenn er draußen steht, in mühevoller Kleinarbeit mit den trockenen Unikaten bestückt. Wenn es Regnet ist ein Schirm das A und O, denn es darf kein Wasser in den Ofen gelangen. Beim Bestücken geht es um den Goldenen Schnitt. Beim Raku muss so viel wie möglich in den Ofen, aber nicht zu viel. Wenn zu wenig im Ofen ist, ist es Platzverschwendung. Ist zu viel im Ofen kann sich die Flamme bzw. Hitze nicht richtig entfalten und der ganze Raku-Brand ist verloren. Es geht hierbei um Erfahrung und für den Anfang würden wir empfehlen: Weniger ist mehr und man tastet sich langsam vor - allemal besser, als wenn man den ganzen Raku-Brand wiederholen muss.
Nun ist der Ofen bestückt, das Gas angedreht und es heißt warten. Diese Wartezeit beim Raku hat auch etwas meditatives und gut Ding will schließlich Weile haben. Man kann in dieser Zeit aber das Frühstück nachholen, die Wannen mit brennbarem organischem Material bestücken, Tücher befeuchten oder ganz einfach dem Thermometer beim Klettern zuschauen. Keine Sorge, es dauert nur beim ersten Brand des Tages etwas länger. Wenn die Platten beim zweiten Brand schon warm sind, geht es deutlich schneller.

Raku Brand alte Wanne zum rauchen der Keramiken

Das Feuern des Raku-Brands wird beendet, wenn das Thermometer in etwa 1000 °C anzeigt und der Ausschmelzgrat der Glasur maximal ist. Erfahrungsgemäß sind die Thermometer wenig genau und eher als Hinweis zu betrachten. Wer sich nicht zutraut den Grat des Ausschmelzens zu beurteilen, kann Brennkegel verwenden. Diese schmelzen bei einer definierten Temperatur aus und sind überraschend genau. Diese sind jedoch nur unterstützend zu verwenden, denn ob die Glasur auf den Raku-Keramiken ausgeschmolzen ist, wissen diese Kegel auch nicht. Im schlimmsten Fall stellt man die Keramiken noch einmal in den Ofen. Wir raten generell von mehr als zwei Glasurbränden ab, da die Keramiken unleidlich werden und dazu neigen, im Ofen unvorhersehbar zu reagieren, wenn man sie ein drittes mal in den Glasurbrand stellt. Wir vom Keramik-Kartell.de verwendenden ausschließlich bleifreie Glasuren. Durch unsere Zirkonsilikat-Versiegelung der Glasuren sind unsere Farben generell kennzeichungsfrei und aufgrund dessen für Lebensmittel geeignet.

Bevor die die Raku Keramiken aus dem Ofen genommen werden, muss die Arbeitsschutzkleidung angelegt werden. Dazu gehört langärmlige, nicht brennbare Kleidung. Hierfür ist Leder, derbe Baumwolle (Jeans) oder eine thermostabile synthetische Faser wie Nomex am besten geeignet. Als nächstes werden das Gesichtsvisier, Atemmaske und eine Mütze angelegt. Es ist nicht damit zu spaßen, welche Dämpfe sich entwickeln! Schließlich wird mit Metallen und Oxiden gearbeitet auf den Raku Keramiken. Gelichfalls schwelen die organischen Materialien und die Hitze frisst Augenbrauen sowie Wimpern gleicher Maßen. Wenn man seine persönliche Schutzausrüstung angelegt hat, wird nun vorsichtig, ein Stück nach dem Anderen aus dem Ofen genommen. Die dafür verwendeten Zangen sind keine Grillzangen vom Sonntagsbarbecue. Die Zangen sind gut 1 m lang und bringen ca. 5 kg auf die Waage, große Geräte mit fiesen Zähnen. Hier sei der Ton noch einmal erwähnt. Die Zangen sind grobes Gerät und die Kraft die man aufbringt ist relativ schwer zu dosieren. Man muss also stabil bauen bzw. nicht zu dünn drehen. Als Faustregel kann man sich einen Zentimeter merken. Beim Aufbauen sollten die Raku-Keramiken nicht dicker als ein Zentimeter sein, aber auch nicht dünner. Baut man dünner, kann es passieren, dass man die Keramiken mit den Zähnen der Zange „durchbeißt“ beim aus dem Ofen heben. Baut man dicker, ist das Gewicht der Raku-Keramiken zu hoch und man kann es schlechter handhaben. Generell sollte man schon bei der Fertigung das Gewicht im Hinterkopf haben.

Raku Brand Keramiken ungesäubert

Die Raku Keramiken werden vom Ofen aus direkt in Wannen mit brennbarem, organischem Material gelegt. Hier gibt es keine Vorgabe oder einen Goldstandart. Vielmehr ist es eine Frage der Vorliebe und Verfügbarkeit unter Berücksichtigung gesundheitlicher Aspekte. Es eignen sich trockene Blätter, Sägespäne, Papier oder Zeitung bzw. Magazine. Am Rande sei erwähnt, dass Druckerschwärze gesundheitsschädlich ist. Wir vom Keramik-Kartell.de verwenden ausschließlich Sägespäne, die PESC-Zertifiziert und unbehandelt sind.
Jetzt wird Raku geboren! Es geht ans rauchen, schmoken und feuern. Regel eins ist hier auch wieder die Arbeitssicherheit. Die Keramiken entzünden die Späne sofort und ein kleines Feuer rund um die schönen Unikate entsteht. Hier gilt es, Ruhe zu bewaren. Die Keramiken können gut und gerne fünf Minuten in den Sägespänen brennen. Dabei werden sie immer wieder bestreut und gewendet. Nur durch das Wenden lässt sich ein einheitlicher schwarzer Ruß als Kontrast zum weißen Ton erzeugen. Im folgendem werden die Wannen oder Töpfe geschlossen und mit feuchten bis nassen Tüchern abgedeckt. Nun beginnt wieder das Entspannen und meditieren. Die Raku Keramiken können nun in etwa 30 Minuten in den Gefäßen vor sich hin schmoren und abkühlen. Diese Zeit sollte man nutzen, um schon einmal Schüsseln mit klarem Wasser zu füllen. Diese werden für das folgende Schrubben der Raku-Keramiken benötigt. Nach Ablauf der Abkühlzeit werden die noch immer heißen Raku-Keramiken aus den Wannen genommen und zum Abkühlen bei Seite gelegt - dies kann gut und gerne weitere 30 Minuten dauern!

Das Raku-Schrubben ist wie Geschenke öffnen!

Das Schrubben der Keramiken ist letzten Teil des Raku-Bandes und ist gleichermaßen lästig wie wunderschön. Lästig ist das Abbekommen der Rückstände von der Oberfläche der Glasur, aber um das Wunderschöne sehen zu können... Wir haben festgestellt, dass es mit geseifter Stahlwolle am einfachsten ist, den Ruß herunter zu bekommen von den Keramiken. Hier braucht man keine Angst zu haben, dass man die Glasur zerkratzt. Es ist immer wieder erschreckend, wie fest Sägespäne einbrennen können auf Glas. Da hilft nur Muskelpower und durchhalten. Die Raku-Keramiken werden ausgiebig in sauberen Wasser geschrubbt und final noch einmal mit klarem Wasser abgespült. Diese Akribie lohnt sich, denn wenn die vielen kleinen schwarzen Abdrücke weg sind, kann der Kontrast von seidenmattem Schwarz und glänzendem Weiß viel besser wirken. Nun zeigt sich die ganze Schönheit der handgefertigten Unikate und man versteht, warum Raku Freude bedeutet. Es ist immer wieder wie Geschenke auspacken und man kann sich einfach nicht an den schwarzen Rissen der Glasur satt sehen. Das Craqueleè macht jedes Stück individuell und unverwechselbar Einzigartig.

Das Raku aus dem Feuer geboren ist, riecht man noch eine ganze Weile an den Keramiken und sich selbst. Aber nach ein paar Wochen ist der Geruch von den Keramiken verflogen und es beginnt wieder in den Fingern zu kribbeln nach dem nächsten Rakubrand!

Raku Brand Resultate