Porzellan - das weiße Gold

Ein kleiner Einblick in die Geschichte des Porzellans

Porzellan ist, wie Ton auch, ein nicht-biologischer Stoff und ist aus der Verrottung von Gestein entstanden. Ganze Gebirgszüge werden über die Jahrmillionen von der Witterung abgetragen und bei manchen entsteht Kies, bei anderen entsteht Ton und bei wieder anderen entsteht Feldspat. Diese Mineralien finden sich in unterschiedlicher Reinheit und Zusammensetzung über den ganzen Globus verteilt. In China kam man bereits vor ca. 2000 Jahren hinter das Geheimnis Porzellan herzustellen. Das chinesische Porzellan kam per Schiff oder über die Seidenstraße nach Europa und lange Transportwege kosten, damals wie heute, Geld. In Europa tüftelten aufgrund dessen seit Jahrhunderten Alchimisten, Apotheker und Hobby-Venediger an der Rezeptur. Auf der Suche nach dem Stein der Weisen und der Rezeptur von Gold stolperte um 1700 herum ein gewisser Herr Böttger, mehr oder weniger freiwillig, auf das Rezept des weißen Goldes. Aus dieser Erfindung ging dann später die Meissner Porzellanmanufaktur hervor, welche den Grundstein für Porzellan außerhalb von China legte.

Die Bestandteile keramischen Tons

Ton ist ein natürlich vorkommender Rohstoff. Er besteht im Mittel aus 50 % Feldspat, 25 % Quarz und 25 % Kaolin. Bei Feldspat handelt es sich um Silikat-Minerale, eine diffuse Gruppe von Elementen wie Calcium, Natrium, Kalium und Silicium. Diese Schichtsilikate sind der formgebende Faktor am Ton - sie verleihen ihm Plastizität und machen den Ton sprichwörtlich Fett. Quarz ist vielen ein Begriff, es ist der Grundbestandteil von Fensterglas. Quarz ist im Ton für die Verglasung verantwortlich, ist nicht plastisch und schwer zu verarbeiten. Es schmilzt erst bei Temperaturen von über 1100 °C und trennt somit Steingut von Steinzeug ab. Der letzte Bestandteil ist Kaolin. Kaolin ist ein schneeweißer Rohstoff und wiederum aus der Verrottung von Feldspat entstanden. Es besteht im Genauen aus Aluminiumoxid und Silikat. Kaolinflöze sind selten und noch seltener in guter Qualität zu finden, das heißt, möglichst frei von Verunreinigungen wie Eisen oder Mangan. In der Apotheke bezeichnet man das reinste Kaolin auch als Bolbus alba oder Pfeifenerde.

025
% Kaolin
050
% Feldspat
025
% Quarz

Die Bestandteile von Porzellan

Im Unterschied zu Ton ist Porzellan eine vom Menschen geschaffene Verbindung. Es besteht aus denselben Ressourcen wie Ton, jedoch in einer unnatürlichen Zusammensetzung. Der Plastizität verleihende Feldspat ist im europäischen Porzellan zu 25 % vertreten, Quarz zu 25 % und das weiße Kaolin zu 50 %. Kaolin ist nicht plastisch verformbar und verleiht dem Porzellan seine immense Härte. Durch die chemische oktaedische und tetraedische Anordnung sie die Schichtsilikate fest miteinander verbunden. Diese Schichtung erlaubt eine immense Feuerbeständigkeit und bildet beim Brennen eine besonders dichte Struktur.

050
% Kaolin
025
% Feldspat
025
% Quarz
 

Hartporzellan und Weichporzellan?

Diese beiden Bezeichungen stehen nicht für die Konsistenz der Masse. Es gibt beide Sorten sowohl als feste Masse, als auch als gießbare Masse. Die Unterscheidung bezieht sich auf die Brenntemperatur. Grundsätzlich gilt, dass umso heißer gebrannt, umso stabiler ist das Porzellan. Es gibt jedoch unzählige Sorten von Porzellan und so kann auch niedrig gebranntes Porzellan eine immense Härte erhalten. Übrigens rangiert Hartporzellan auf der Mohs-Skala kurz hinter dem Diamanten!

Aufgrund der Zusammensetzung ist europäisches Porzellan auch als Hartporzellan zu bezeichnen. Der Anteil des Kaolins (das was für die Festigkeit zuständig ist) liegt bei rund 50 %. Es wird bei Temperaturen von bis zu 1450 °C gebrannt. Diese extreme Temperatur sorgt auch dafür, dass das Porzellan um gut 20 % schwindet. Dieses Zusammenziehen führt zu einer Verdichtung des Materials. Aufgrund dessen wird der Scherben hart, stoßfest und immun gegen Säuren sowie Besteck.

Bei chinesischem Porzellan ist die Zusammensetzung eine leicht Abweichend andere. Zirka 25 % sind Feldspat, 45 % Quarz und 30 % Kaolin. Chinesisches Porzellan besteht zu einem großen Teil aus Glas und wird bei nur 1300 °C gebrannt. Dies erklärt auch den Namen „Weichporzellan“. Das oben erwähnte „Bone china“ ist das teuerste und edelste Porzellan. Es ist durch den hohen Quarzanteil sehr stoßfest und dabei gleichzeitig sehr transluzent. Dadurch wirkt eher wie poliertes Milchglas. Warum ist das so?

Tee, der durch Porzellanbecher durchscheint

Bone China Porzellan

Bone China besteht ebenfalls aus Feldspat, Quarz und Kaolin. Der rohen Masse wird zusätzlich jedoch noch Knochenasche beigemischt. Diese wird durch verbrennen von tierischen Knochen, die dann gemahlen werden, gewonnen. Die genaue Rezeptur der Rohmasse ist natürlich streng geheim und war noch vor 300 Jahren Grund für Kriege. Knochenasche ist reich an Calciumoxid und Calciumphosphat und diese Verbindungen sorgen, zusammen mit den hohen Quarzanteil in der Mischung, für den extrem durchscheinenden (transluzenten) Charakter des Bone China. Es werden sozusagen undurchsichtige Bestandteile wie Feldspat durch durchsichtige wie Calcium ausgetauscht. Eine weitere Besonderheit ist, dass beim Bone China der Schrühbrand (der erste Brand) bei 1280 °C stattfindet und der spätere Glasurbrand bei nur 1080 °C. Trotz der geringeren Brenntemperatur ist das Bone China Porzellan genau so widerstandsfähig wie europäisches Hartporzellan. Auch Besteck, Säuren von Salaten oder Farbstoffe vom Kaffee können diesem Material nichts anhaben. Dies liegt am hohen Quarz-Anteil, denn Quarz ist ebenfalls ein sehr robustes Material und macht Porzellan zu guter Gebrauchskeramik.

Porzellan wird in eine Gipsform gegossen

Porzellan und die Verarbeitung

Aufgrund seiner Zusammensetzung ist Porzellan bei der Verarbeitung ein schwieriger Werkstoff. Das enthaltene Quarz ist nicht plastisch, saugt kein Wasser und lässt sich nicht verdichten. Trifft Quarz auf Feldspat und Kaolin entsteht eine zunächst graue, zähe, klebrige Masse. Die Konsistenz erinnert an eine schräge Kreuzung aus Kaugummi, Zahnpasta und einem Schuss Badezimmersilikon. Zäh wie ein alter Kaugummi, klebrig wie Zahnpasta am Finger und schmierig wie Silikon ohne Spüli. Es wird bei der industriellen Verarbeitung zum größten Teil gegossen bzw. gedrückt/gequetscht. Dafür verwendet man seit gut 300 Jahren Gipsformen. Einige von ihnen sind noch heute in Gebrauch und werden entsprechend wie Goldstaub behandelt.

Porzellan und die Drehscheibe

Aufgrund seiner Zusammensetzung ist Porzellan nur sehr schwer auf der Drehscheibe zu verarbeiten. Zum einen ist es zäh und mit den Händen kaum in Form zu bringen. Zum anderen lässt es sich nur schwer in eine Richtung bewegen. Denn kaum ist die Masse ein 10 cm hoher Zylinder, sinkt sie wieder zusammen. Des Weiteren klebt es gern an den Fingern. Löst man die Finger zum Befeuchten von der Masse, möchte diese mit zur Wasserschale. Man muss also bevor man merkt, dass es trocken wird die Finger befeuchten. Hat man es denn doch geschafft hat, diese unleidige Masse in die gewünschte Form zu bringen sieht man sich der nächsten Hürde entgegen: Das Lösen von der Drehscheibe. Wie erwähnt klebt Porzellan, natürlich besonders an der Drehscheibe! Es ist von daher sinnvoll auf Gipsplatten oder wechselbaren Tellern zu drehen. Beim Abdrehen hingegen ist Porzellan ähnlich wie Ton und man wird recht schnell von diesem bezaubernden Werkstoff in seinen Bann gezogen. Die mineralische Zusammensetzung lässt es beim Abdrehen sogar etwas knirschen und es glitzert wie frischer Schnee!

Porzellan und Gipsformen

Gips ist in der Keramik inklusive des Porzellans ein problematischer Stoff, denn Gips verwandelt sich ab 130 °C in einen anderen Stoff (aus Calciumsulfat-Dihydrat wird das Anhydrit). Diese Umwandlung ist raumfordernd! Bei der verhältnismäßig niedrigen Temperatur ist der Ton/Porzellan jedoch noch sehr empfindlich. Durch diese Sprengung beschädigt das zufällig in der weichen Masse enthaltene Gips den ungeschrühten Scherben. Man nennt eine so entstandene Beule auch einen „Kalkspatz“. Gips hat jedoch auch bestechende Vorteile. So ist es in Kontakt mit Wasser wassersaugend (hygroskopisch), zieht aber keine/kaum Raumfeuchte an und quillt beim Kontakt mit Wasser nicht auf. Es ist für Formen bzw. Abdrücke somit ideal - solange man diese nicht beschädigt. Man unterscheidet verschiedenste Gipsformen und verschiedenste Verarbeitungswege. Üblich sind heute in der professionellen Herstellung die Sprengformen. Diese Formen haben keine klassische Naht und sind recht empfindlich. Sie werden bei der Herstellung nach dem Aushärten des Gipses mit Keilen in die Hälften gespalten. Die so entstandene Bruchkante passt deutlich besser ineinander als die bei glatten Formen. Diese nahezu unsichtbare Naht bedarf nur sehr wenig Nacharbeit. Bei Quetschformen wird das zähe Porzellan in die Form gepresst und die Hälften später händisch verbunden. Besonders für Deko-Keramik ist dies ein übliches Vorgehen.

Gipsformen für das Gießen von Porzellan

Porzellan wird garniert

Nachdem die Einzelteile gegossen wurden müssen sie irgendwie verbunden werden. In der Fachsprache spricht man vom Garnieren. Dies ist ein kritischer Moment, denn durch den fehlenden Feldspat ist Porzellan nicht plastisch. Die einzelnen Teile lassen sich nur schwer verbinden und müssen äußerst sorgfältig verarbeitet werden. Denn das weiße Gold verfügt über ein Gedächtnis.

Porzellan und sein Gedächtnis

Auch wenn es ein unnatürlicher, nicht biologischer Werkstoff ist, wohnt ihm eine Seele in. Es ist eine unleidige Masse mit dem sprichwörtlichen Elefanten-Gedächtnis. Es verzeiht es nicht, wenn zur falschen Zeit der falsche Arbeitsschritt durchgeführt wurde. Selbst leichte Verbiegungen, die beim herausnehmen aus der Gipsform schnell passieren, sind nach dem Glasurbrand wieder sichtbar. Es vergisst nicht. Auch Garnierstellen werden bei mangelhafter Verarbeitung wieder sichtbar nach dem Glattbrand. Hier seien auch die kommerziell erhältlichen Gipsformen für den Hobbybereich erwähnt. Die Nahtstellen sind mitunter einen Millimeter dick! Bei der Verarbeitung des Porzellans ist dies eine nicht zu kaschierende Nahtstelle. Die industriellen Sprengformen besitzen eine Nahtstelle von einem zehntel Millimeter - mehr sollte es bei der Verarbeitung von Porzellan nicht sein. 

Die drei Brände!

Beim Schrühen gibt es beim Porzellan nur den Unterschied, dass dieser Brand etwas höher temperiert ist. Statt 800 bis 850 °C, wie bei der klassischen Keramik, wird Porzellan bei 900 - 950 °C geschrüht. Erst der Glattbrand bei ca. 1400 °C bringt die Güte der Verarbeitung zum Vorschein. Wurde bei der Verarbeitung nachlässig gearbeitet, sieht man es nun wieder. Große Nahtstellen oder Garnierstellen kommen wie magisch wieder zum Vorschein. Dieses Gedächtnis ist auch ein Punkt, warum gutes Porzellan auch heute noch verhältnismäßig teuer ist. Nachdem die Stücke nun zwei Brände hinter sich haben, folgt der letzte Brand! Dieser findet bei ca. 800 °C und dient zum Einbrennen von Farben. Gold, Platin und andere Farben sind nicht so temperaturbeständig wie Porzellan und müssen zum Schluss eingebrannt werden. Die Farben werden auf das glasierte Porzellan aufgetragen. Bei 800 °C schmilzt die Glasur leicht an und die Farben bzw. Metalle werden in diese aufgenommen, weil sie einsinken.

Porzellan heißt auf Englisch auch einfach „china“ - eine Ware, die nach einem ganzen Land benannt wird? Es verdeutlicht die Wertigkeit, die diesem weißen Gold zugesprochen wurde und noch immer wird. Auch wenn sich für den größten Teil des Porzellans der Stellenwert geändert hat, erzielt chinesisches Tafelgeschirr aus „bone porcellain“ auch heute noch Spitzenpreise. Das ist auch nicht verwunderlich, denn man darf die Energiekosten, all die Arbeit und nötige Akribie nicht vergessen. Gleichfalls kann bei den drei Bänden einiges passieren. Man kann sich als Faustregel merken, dass in etwa 15 % der Porzellanstücke alle drei Brände unbeschadet überstehen. Etwa ein Drittel davon ist Güteklasse I - die restlichen 85 % sind Ausschuss!

0900
°C der Schrühbrand
01400
°C der Glattbrand
0800
°C der Pigmentbrand